Faller, Judith, Nachtgedanken

Judith Faller
NACHTGEDANKEN
Ferientagebuch einer Avocado
Außer der Reihe 11
p.machinery, Murnau, Juli 2014, 120 Seiten, Taschenbuch
ISBN 978 3 95765 004 7 – EUR 7,90 (DE), EUR 8,10 (AT), CHF 9,60
als eBook: in Vorbereitung

»Die Zeit zum Sein und Staunen« bricht für den Menschen viel früher an als für die Avocado, deren Ferientagebuch die Winterthurer Autorin Judith Faller uns mit ihrem Buch »Nachtgedanken« zugänglich macht. Vergnüglich zu lesen, was dieser Pflanze, von ihren Eltern zu zwei Tanten in die Ferien gegeben, die sie vorübergehend großziehen, im Verlaufe ihres Daseins alles geschieht. Sie wird von Kakteen und einer Katze misshandelt, erlebt einen ihrer übelsten Schreckmomente, als Gott vermeintlich mit Golfbällen um sich schmeißt und beobachtet aus mehr oder weniger sicherer Warte eigenartige bis schreckliche Besucherinnen und Besucher. Vieles stimmt sie dabei so nachdenklich, dass sie unvermittelt ins Philosophieren gerät: Was, fragt sich die Avocado beispielsweise, geschähe, verschwände in jeder Woche ein voller Tag, beispielsweise der Sonntag? Jedenfalls, stellt die Avocado fest: »Das Leben ist grässlich anstrengend, verwirrend und macht mich durch und durch konfus.«

Denken und seufzen wir das nächste Mal ebenso, sollten wir unbedingt Judith Fallers »Nachtgedanken« zur Hand nehmen. Die Winterthurer Autorin versteht es vortrefflich, Menschen, ihre Verhaltensweisen, und manches, was Menschen an Menschen längst nicht mehr auffällt, aus dem Blickwinkel einer Avocado scharf und liebenswürdig zu beobachten und uns einen Spiegel vorzuhalten, aus dem es uns schelmisch zuzwinkert, sodass uns während der Lektüre immer wieder ein Schmunzeln ins Gesicht gezaubert wird. Fast möchte man angesichts dieser kompliziert gewordenen Welt, in der nicht nur einer Avocado vieles unverständlich bleibt, mitunter selber eine Avocado sein, denn: »Wie ich nun da sitze, mich in meinem Töpfchen wohlig einrichte und zum Fenster hinausschaue, wird mir klar, dass beinahe alles unklar ist auf dieser Welt (…). Bei unsereinem heißt es klipp und klar: aufwachsen, gedeihen, blühen und vergehen.« – Martin Andreas Walser, Autor

Judith Faller, geboren am 13. April 1960 in St. Gallen, lebt  in Winterthur in der Schweiz. 2012 erschien ihr Gedichtband »Wachstumsschmerzen« beim Wiesenburg Verlag. Zudem wurden Gedichte, Texte und Kurzgeschichten in verschiedenen Literaturzeitschriften veröffentlicht. – www.judith-faller.ch

Das Titelbild stammt von Kerstin Broska, nach einer Idee von Claudia Maria Lehner. Das Buch wird in zwei Versionen veröffentlicht: Bei amazon.de und anderen Amazon-Portalen bekommt man die »einfache« Taschenbuchversion, beim Verlag gibt es die sogenannte Breitklappenbroschur aus der Produktion vom Schaltungsdienst Lange.